Karwe: Fontane trifft Knesebeck

Veröffentlicht von Gabriele Radecke und Robert Rauh.

Fontane reiste nicht nur mit Kutsche und Bahn durch die Mark, sondern er fuhr auch mit dem Boot. Gleich seine zweite Station in den „Wanderungen“ – Karwe am Ostufer des Ruppiner Sees – erreichte er über das Wasser. Ein Wustrauer Fischer brachte ihn „in einer halben Stunde hinüber“. Natürlich wollten wir es Fontane gleichtun. Doch wir konnten im Wustrauer Hafen weder einen Fischer noch einen Hobby-Kapitän überzeugen.

Über den See fuhr uns letztendlich ein Mann, den wir eigentlich erst am Ostufer treffen wollten: Krafft von dem Knesebeck. Seine unmittelbaren Vorfahren lebten in Karwe, als Fontane den kleinen Ort erstmals im Sommer 1859 besuchte. Fontanes Bootsfahrer hielt aber nicht am Gut (wie wir), sondern am Schilfufer, „ein besonderer Schmuck des Sees“, der „in Front des Karwer Parks wie ein Wasserwald sich hinzieht“. Schilfgenau bietet sich heute dieselbe Sicht.

Fontane sprang ans Ufer und befand sich mitten im „Park von Karwe“. Er sei „ziemlich groß“ und „in einem einfachen edlen Stile“. Gartenspezialisten erkennen in dem fünf Hektar großen Areal die Handschrift von Lennè. Bewiesen ist dessen Urheberschaft nicht. Allerdings sprechen planmäßig angelegte Sichtachsen für eine Mitwirkung des berühmten Gartenschöpfers. Knesebeck hat den Park 2017 mit der Gründung eines Vereins aus dem Dornröschenschlaf gerissen.

„Ein besonderer Schmuck des Sees“: Schilfgürtel am [Schloss-]Park von Karwe
Quelle: Robert Rauh 

Der Park sei angelegt „wie eine Theaterinszenierung. Immer, wenn der Spaziergänger um die Ecke kam, erlebte er eine neue Überraschung. So soll es wieder werden.“ Der Theaterkritiker Fontane ist jedoch hindurch geeilt. Denn er schreibt nichts von Aussichten und Sichtachsen. Er passierte den Park lediglich „seiner Länge nach“.

Herrenhaus in Karwe, 1983 abgerissen
Quelle: Postkarte um 1925

Schloss zeigt sich ziemlich geschrumpft:
Modell auf Parkbankgröße am ehemaligen Standort auf dem Gutshof Karwe, 2017.
Quelle: Robert Rauh

Ausführlich widmet er sich stattdessen dem barocken Schloss. Es trägt heute eine rostige Außenhülle und zeigt sich ziemlich geschrumpft. Es ist nur ein Modell, geschaffen vom Karwer Künstler Zágon Hohl-Stein. Das echte Schloss fiel 1983 der Abrissbirne zum Opfer. Knesebeck wohnt nun im einstigen Pferdestall, wo in der hauseigenen Galerie zurzeit eine Ausstellung zu sehen ist, in der Exponate gezeigt werden, die Fontane beschrieben hat.

Ehemaliger Pferdestall auf dem Gut Karwe: Ort der Ausstellung „Fontane trifft Knesebeck“, 2019
Quelle: Robert Rauh 

Den dritten Ort, den Fontane neben Park und Herrenhaus inspizierte, sucht man vergebens in den beiden „Karwe“-Kapiteln. Er findet sich in seinem Notizbuch von 1864. Während seiner Ruppin-Reise kam er ein zweites Mal nach Karwe und besichtigte Kirche und Kirchhof. Vor Ort entstanden Skizzen und Notizen. Die Rechercheergebnisse gelangten in die zweite Auflage der „Grafschaft Ruppin“ (1865) – in ein neues Kapitel „Dörfer und Flecken im Lande Ruppin“, in dem Karwe einen Abschnitt erhielt. Dieses Kapitel wurde für die dritte Auflage ersatzlos gestrichen, so dass Kirche und Kirchhof in Karwe den „Wanderungen“ verloren gingen.

Fontanes Skizze des Kirchhof-Portals in Karwe, Notizbuch, 1864
Quelle: Digitale Notizbuchedition

Kirchhhof-Portal von Karwe, 2019
Quelle: Robert Rauh

Fontane skizzierte in seinem Notizbuch neben dem Kirchhof-Portal auch den Knesebeck’schen „Begräbnißplatz“. Er war „[v]on sechs Linden“ eingefasst. Im Frühjahr 2019 wurden sie neu gepflanzt. Die Kuratoren ließen auch Infotafeln mit Fontanes Skizzen in wetterfestem Edelstahlrahmen aufstellen. Es sei nicht alles temporär, was wir schaffen, kommentierte der Karwer Verleger Günter Rieger.

Die drei Kuratoren der Fontane-Ausstellung in Karwe: Krafft von dem Knesebeck (Unternehmer und Hausherr), Gabriele Radecke (Herausgeberin der Notizbuchedtion), Günter Rieger (Verleger), März 2019
Quelle: Robert Rauh 

Quelle:
Märkische Allgemeine Zeitung vom 2.10.2019
https://www.maz-online.de/Lokales/Ostprignitz-Ruppin/Neuruppin/Wandern-nach-Fontanes-Notizen-Karwe

Titelbild:
Blick vom Ruppiner See auf Karwe
Quelle: Robert Rauh

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