Fontanes Langen

Lage Gemeinde Fehrbellin / Landkreis Ostprignitz-Ruppin
Erster Besuch Fontanes 1859
Aufzeichnungen im Notizbuch /
Erstdruck in einem Journal  /
Erstveröffentlichung in den „Wanderungen“ „Die Grafschaft Ruppin“

1. Auflage, 1861

Fontanes Wasserreise durch das Herz des Luchs endet in einem Gewitter: Blick ins Wustrauer Luch (von Langen aus), 2018
Foto: Robert Rauh

Was Fontane in seiner „Grafschaft Ruppin“ über Langen schrieb …

Langen? Im Inhaltsverzeichnis der Grafschaft Ruppin sucht man den Ort vergeblich. Fontane war aber dort. Und erwähnt Langen auch – am Ende seiner Wanderung durch Das Wustrauer Luch, das sogar ein eigenes Kapitel bekam. Auch andere Ortschaften nördlich des Rhinluchs, wie Walchow, Protzen und Garz, die entlang der Dorfstraße L165 wie an einer Perlenkette aufgereiht sind, wurden mit einem Kapitel bedacht. Langen nicht. In keiner Auflage des ersten Wanderungen-Bandes.

Warum Fontane Langen, zehn Kilometer südlich von Neuruppin gelegen, nicht berücksichtigte, ist ein Rätsel. Der Ort war ein Rittergut und besitzt bis heute eine der berühmtesten Gotteshäuser im Ruppiner Land. Die „Stüler-Kirche“ ist auch Menschen ein Begriff, die Brandenburg nur auf dem Weg zur Ostsee durchqueren. Von der Autobahn Richtung Hamburg ist der gelbe Klinkersteinturm auf der rechten Seite, kurz nach der Abfahrt Fehrbellin, schon von weitem sichtbar. Für Fontane wirkte er wie ein rettender Leuchtturm. Der Wanderer war mit Freunden im Wustrauer Luch unterwegs und wurde von einem Gewitter überrascht. Die Beschreibung dieser Wasserreise durch das Herz des [Wustrauer] Luches gehört zu den poetischsten Passagen in der Grafschaft Ruppin. Als die Gruppe den ersehnten Nordrand des Luchs erreichte, vergoldete die sich durchkämpfende Sonne den Turm des Dorfes Langen vor uns und zeigte uns den Weg. Die Kirche selbst – sie bleibt unbesehen. Und der Aufenthalt im Dorf diente nur einem Zweck: sich und die Sachen zu trocknen. In einem Wirtshaus, dessen Namen Fontane nicht nennt. Wo befand es sich?

Wie ein rettender Leuchtturm: „Stüler-Kirche“ in Langen (von Nordosten), 2018
Foto: Robert Rauh

Langen 2.0

Was Sie in „Fontanes Ruppiner Land“ über Langen erwartet … 

Vorab: Langen erhielt – im Gegensatz zu Fontanes „Wanderungen“ – nun ein eigenes Kapitel. Zunächst schien fraglich, ob das gerechtfertigt ist. Die meisten Langener, die ich nach dem Wirtshaus frage, zucken mit den Schultern. In Langen gibt es keine Gaststätte mehr. Und Fontane begegnen sie wie der Wanderer ihren Vorfahren: mit demonstrativem Desinteresse. Sie kommen ohne ihn aus. Fontane war schließlich fast überall in der Region. Aber welcher Ort besitzt schon eine „Stüler-Kirche“?

Die Suche nach dem Wirtshaus, in dem der Wanderer sich aufwärmte, führt mich zu Jürgen Euen, der märkische Ustinov – ein Original nach Fontanes Geschmack. Das „Fach“simpeln mit dem ehemaligen Ortsvorsteher Euen über Fontanes kurze Stippvisite in Langen gehört zu meinen witzigsten Begegnungen im Ruppiner Land.

Aus Euens Archiv: Langen mit Kirche und „Fontanes Wirtshaus“, Postkarte um 1920
Quelle: Jürgen Euen

Im Mittelpunkt des exklusiven Langen-Kapitels steht nun das Bauwerk, das Fontane ignorierte: die „Stüler-Kirche“. Ihr Bau und ihre wundersame Rettung ist ein atemberaubender Exkurs in die Geschichte. Exklusive Einblicke – auch in die Kirche – gewährt mir Friedrich Weber, der Vorsitzende des Fördervereins Stüler-Kirche Langen. Der Architekt, der nach der Wende nach Langen kam, hat den modernen Kronleuchter entworfen. Er wird nun Weber in der Kirche verewigen. Als ich auf die Orgelempore steige, um Fotos zu machen, schaltet Weber die Beleuchtung ein. Sie verfehlt ihre Wirkung nicht. Webers Leuchter bringt das Kirchenschiff zum Strahlen. Von hier oben wirkt die Langener Dorfkirche tatsächlich wie eine kleine Kathedrale.

Friedrich Weber organisiert jedes Jahr ein Wildschweinfest, das mit Spenden auch die Restaurierung der Kirche unterstützt. Es verläuft nach einem festen Ritual: Erst Jagdbläser am Tor, dann Gottesdienst in der „Stüler-Kirche“ und zum Schluss der große Schmaus auf seinem Grundstück – mit Live-Musik und Wildschwein am Spieß.

Beim Wildschweinfest 2018 wohnten die Gottesdienstbesucher einer äußerst emotionalen Szene bei. Nach der Predigt der rastlosen Pfarrerin Rose Möllhoff-Mylius betrat eine (fremde) Frau den Chorraum und überreichte der Gemeinde einen Gegenstand. Wer diese Frau war und was sie den Langenern übergab, erfahren Sie in „Fontanes Ruppiner Land“.

Wie eine kleine Kathedrale: Dorfkirche („Stüler-Kirche“) in Langen mit Webers Leuchter, 2018
Foto: Robert Rauh

„Irgendwann haben Sie Herrn Fontane eingeholt“, Frau und Herr Euen mit dem Autor nach der Lesung „Fontanes Ruppiner Land“ in Langen auf dem Gutshof Weber, 2019
Foto: Robert Rauh

Erlebnis Langen

Was man in Langen sehen, erleben und genießen kann …

Lage

Langens Kirchturm ist von der Autobahn A24 Richtung Hamburg nicht zu übersehen. Das 500-Seelen-Dorf gehört zur Gemeinde Fehrbellin (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) und liegt wie die anderen Rhin-Dörfern Walchow, Protzen und Garz an der Dorfstraße L 165 (Richtung Herzberg).

Sehenswürdigkeiten

Das Wahrzeichen ist die Dorfkirche, die „Stüler-Kirche“ – im Volksmund „Langener Dom“. Unklar ist, wer die Pläne der 1855 eingeweihten Kirche entworfen hat – vermutlich ein Architekt des „Stüler-Umkreises“. Das Gotteshaus ist einer der größte Dorfkirchenbauten Brandenburgs. Außen wie innen – einfach prächtig.

Website des umtriebigen Fördervereins:

http://www.stueler-kirche-langen.de/

Gastronomie

Langen hatte mal drei Gasthäuser. Alle geschlossen. Die kulinarische Ödnis wird nur ein Mal im Jahr durchbrochen: zum spektakulären Wildschweinfest auf dem Gutshof bei Familie Weber (Dorfstr. 14).

Geopfert für einem guten Zweck: Wildschweinfest für die Sanierung der „Stüler-Kirche“ in Langen, 2018
Foto: Robert Rauh