Zietens Trauma von Buskow

Von Gabriele Radecke und Robert Rauh.

Buskow ist Zietens Trauma. So steht es bei Fontane, der von dem legendären Husaren-General aus Wustrau seit seiner Kindheit fasziniert war. Mit einer seelischen Verletzung seines „Lieblingshelden“ eröffnet Fontane den Abschnitt über Buskow im Kapitel „Dörfer und Flecken im Lande Ruppin“, das der Autor bei der Überarbeitung des ersten „Wanderungen“-Bandes 1865 aufnahm. Das Buskower Herrenhaus sei „Zeuge einer ersten Kränkung“ geworden, die Hans Joachim Zieten (1699-1786) „gleich an der Schwelle seiner militärischen Laufbahn“ widerfahren sei. 1713 erschien der vierzehnjährige Zieten zum Vorstellungsgespräch bei „General von Schwendy“ auf dessen Gut in Buskow. Zieten wollte in das Infanterie-Regiment Nr. 24 eintreten, das für Johann Sigismund von Schwendy (1665-1732) erst kurz zuvor aus diversen Bataillonen zusammengestellt worden war. Das Auftreten des großen, stattlichen Generals habe den „sehr kleinen und sehr hässlichen“ Zieten derart verunsichert, dass er nur noch um Erlaubnis bitten konnte, „dem Herrn General aufwarten zu dürfen“. Schwendy musterte Zieten, sagte kurz „Tu Er das“ und wendete sich „ohne weitere Notiznahme“ einfach ab. Zieten habe „diese Kränkung nie vergessen können“. Allerdings berichtet Fontane nicht, dass Zieten kurz darauf als Korporal in das Schwendy-Regiment aufgenommen wurde.

Zeuge von Zietens Trauma: Das Buskower Gutshaus, Rückseite, 2018 (Foto: R. Rauh)

Der Schauplatz von Zietens Trauma, das Buskower Gutshaus, befindet sich heute in einem erbarmungswürdigen Zustand. Zumindest von außen. Ein jahrelanger Leerstand und ein Rechtsstreit zwischen Kreisverwaltung und Eigentümer, der das denkmalgeschützte „Schloss“ 2012 erworben hatte, verhinderten eine grundlegende Sanierung nach 1990. Auf seiner Website versichert der Besitzer jedoch, das Gebäude sei seit 2014 „wieder trocken und bewohnbar“.

In welchem Zustand Fontane das Gutshaus auf seiner „Sommerreise durchs Ruppinsche“ im Juni 1864 gesehen hatte, erfahren wir nicht.

Buskow von oben: Fontanes Lageplan von 1864 (Quelle: Digitale Notizbuchedition)

Zwar findet sich in seinem Notizbuch ein Lageplan, auf dem er neben dem Herrenhaus auch Kirche und Park einzeichnete; im gedruckten „Wanderungen“-Text verzichtete er jedoch auf eine Darstellung des Gebäudes, zu dem er offenbar auch keinen Zutritt erhielt. Von der Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert existiert dagegen im Notizbuch eine Skizze, über der Fontane notiert hat: „Prächtige alte vielversprechende Kirche, aber traurig öde im Innern.“ Durch die seltsame Schindelkappe, die der Turm trage, ergänzt er in den „Wanderungen“, sei die Kirche ein „höchst malerischer Bau“.

Ein „höchst malerischer Bau“: Die frisch sanierte Buskower Kirche mit Gruft. (Foto: R. Rauh)

Nach einer umfangreichen Restaurierung erstrahlt das Gotteshaus seit 2017 im neuen, ehrwürdigen Glanz. Fontane erwähnt noch eine angebaute Gruft. Weil sie zugemauert war, konnte er die Inschriften nicht protokollieren. Die wolle ihm Herr Gentz „besorgen“, hält er im Notizbuch fest. Ob er sie vom Unternehmer Alexander Gentz erhalten hat, ist nicht überliefert. Und selbst wenn: Sie wären nicht in den „Wanderungen“ erschienen. Denn bei der erneuten Überarbeitung des ersten Bandes 1874 wurde das Kapitel „Dörfer und Flecken im Lande Ruppin“ ersatzlos gestrichen. So verschwand Buskow nach zehn Jahren wieder aus den „Wanderungen“. Wie Wulkow, Wildberg und Bechlin gehört das Dorf zu Fontanes vergessenen Orten.

Quelle:

Märkische Allgemeine Zeitung vom 27.4.2019; https://www.maz-online.de/Lokales/Ostprignitz-Ruppin/Neuruppin/Buskow-Zieten-Trauma

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