Fontanes „Prinzessin Goldhaar“ aus Köpernitz

Veröffentlicht von Gabriele Radecke und Robert Rauh.

Mit Köpernitz hatte Fontane zunächst kein Glück. Dabei hatte der Autor sich redlich um einen Kontakt bemüht. Empört schrieb er seiner Schwester Elise im Sommer 1859, dass er „Mitteilungen von Herrn von Zeuner“, dem damaligen Gutsbesitzer, nicht mehr erwarte. Diese Herren seien „alle noch wie die Nachtwächter und scheinen nicht mal zu wissen, dass ein Gentleman auf den Brief eines Gentleman wenigstens antwortet“. 

Ging als „Prinzessin Goldhaar“ in die Geschichte ein: Karoline de La Roche-Aymon, zeitgenössisches Gemälde.
Quelle: KulturGutshaus Köpernitz e.V.

Dass der damals noch unbekannte Dichter keine Antwort erhielt, könne auf die Abwicklung der Erbschaft zurückzuführen sein, vermutete Bernd Donner, Chef des Köpernitzer KulturGutshaus-Vereins. Im Mai 1859 war Zeuners Tante, die Gräfin Karoline de La Roche-Aymon (1771–1859), gestorben, die ihm zuvor ihr Gut Köpernitz vermacht hatte.

Wie ein goldener Mantel

Als Fontane für die „Wanderungen“ zu recherchieren begann, lebte die Gräfin noch. Er hätte sie also treffen können. Angesichts ihres hohen Alters muss jedoch bezweifelt werden, ob sie ihn so empfangen hätte, wie der Dichter es sich ausmalte: „[N]och in späteren Jahren wusste die Gräfin es einzurichten, dass etwa eintreffender Besuch sie womöglich im Négligé überraschen und das Haar bewundern musste“. Und wenn sie ihr blondes Haar auflöste, fiel es bis zu den Knien herab und umhüllte sie „wie ein goldener Mantel“. Er kam nicht umhin, Karoline fontanisch zu adeln. Als „Prinzessin Goldhaar“ ist sie sowohl in den ersten „Wanderungen“-Band (1862) als auch in die Romane „Vor dem Sturm“ und „Der Stechlin“ eingegangen.

„Die Rochemonds“ am Rheinsberger Musenhof

Dabei stand zunächst ihr Mann im Fokus des Wanderers: Graf Charles de La Roche-Aymon. Dem französischen Emigranten war es 1793 gelungen, die Gunst des Prinzen Heinrich zu erlangen und dessen Adjutant zu werden. Zwei Jahre später heiratete er Karoline von Zeuner und zog mit ihr nach Rheinsberg. Anschaulich beschreibt Fontane, wie das illustre Paar Heinrichs Musenhof zu bereichern verstand. Offenbar ließ sich der Hausherr auch nicht von Neidern irritieren, die versuchten, „die Rochemonds“ als gierig und intrigant zu verunglimpfen. Sogar Karolines Affäre mit Prinz Louis Ferdinand, dem preußischen Apoll, hatte kein Nachspiel. Kurz vor seinem Tod überschrieb der Prinz seinem Adjutanten das fünf Kilometer entfernte Gut Köpernitz, das für „Prinzessin Goldhaar“ – nach der Trennung 1826 von Charles – zum Altersitz wurde.

Ist auf dem Waldfriedhof Köpernitz beerdigt: Grabkreuz von „Prinzessin Goldhaar“. Quelle: Robert Rauh

Erst sollte Fontanes Schwester nach Köpernitz

Für sein Kapitel über die La Roche-Aymons wollte Fontane natürlich Köpernitz besuchen. Weil aber ihr Erbe auf seine Anfrage nicht reagierte, hatte Fontane offenbar auch keine Motivation, ohne Anmeldung am Gutshaus zu läuten. Dennoch wollte er seinen Lesern zumindest „ein Bild der Lokalität“ vermitteln. Also musste seine Schwester hin. Detailliert listete Fontane auf, was Elise sich „scharf“ ansehen sollte. „Zehn bis zwölf Zeilen sind genug, aber es muss ein anschauliches Bild geben.“

Warum Elise den Auftrag letztlich nicht erfüllte, ist unklar. Fontane selbst suchte Köpernitz erst im September 1873 auf, als er für die Überarbeitung des ersten „Wanderungen“-Bandes wieder im Ruppiner Land unterwegs war. Köpernitz wurde dann in die dritte Auflage (1875) aufgenommen. Dass er vor Ort war, belegt eine Skizze des Gutshauses. Sie ist die älteste Ansicht des Gebäudes – und nur in Fontanes Notizbuch zu finden.

Gutshaus Köpernitz, Vorderfront, Fontanes Skizze von 1873. Quelle: Digitale Notizbuchedition

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