Die schöne Sabine

Veröffentlicht von Gabriele Radecke und Robert Rauh.

Sabine Kusig wie auch Luise von Wreech haben Fontanes Interesse einem Mann zu verdanken: Friedrich dem Großen. Und Fontane haben wir es zu verdanken, dass sie als dessen Geliebte in die „Historie“ eingegangen sind. Im ersten „Wanderungen“-Band (1861), der damals noch nicht den Titel „Die Grafschaft Ruppin“ trug, erzählt er von Friedrichs Rendezvous mit der schönen Förstertochter Sabine Kusig (1715-1783) aus Binenwalde. Und im zweiten „Wanderungen“-Band „Oderland“ (1863) beschreibt er dessen Beziehung zu der geistreichen Adligen Luise von Wreech (1707-1784) aus Tamsel. Allerdings fragt der Dichter zu Recht: „Welcher Art waren diese Beziehungen? War es ein intimes Freundschaftsverhältnis, oder war es mehr?“

Beide Beziehungen fallen in die Kronprinzenzeit. Der 18jährige Friedrich hatte 1730 zusammen mit seinem Freund Hermann von Katte versucht, dem despotischen Vater Friedrich Wilhelm I. zu entfliehen. Der Kronprinz wurde jedoch gefasst und in Küstrin arretiert. Nachdem Katte vom Soldatenkönig hingerichtet worden war, wirkte Friedrich auf sein Umfeld keinesfalls gebrochen – zumindest äußerlich. Er befolgte die Anweisungen seines Vaters, zeigte offiziell Reue und war schon bald wieder „lustig wie ein Buschfink“. 1731 begegnete der Kronprinz Luise von Wreech in Tamsel, zwei Jahre später – Friedrich kommandiert inzwischen das Infanterieregiment von der Goltz in Neuruppin – lässt ihn Fontane mit der schönen Förstertochter in Binenwalde zusammentreffen.

Romantisch in Szene gesetzt: Kalksee in Binenwalde, 2019.
Quelle: Robert Rauh

Die Liaison zwischen Kronprinz Friedrich und Sabine Kusig, die Fontane am Kalksee romantisch in Szene zu setzen versteht, findet sich in dem kurzen Kapitel über „Die Ruppiner Schweiz“ – eines der poetischsten Passagen des ersten „Wanderungen“-Bandes. Allerdings sei die Geschichte, ergänzt Fontane in Klammern, „mehr Idyll als Historie“. Diesen Zusatz nahm er in der dritten Auflage der „Grafschaft Ruppin“ (1875) wieder heraus.

Mit ihm verschwand auch der Ort des Geschehens aus den „Wanderungen“: Binenwalde hatte für die zweite Auflage (1865) in dem Kapitel „Dörfer und Flecken im Lande Ruppin“ einen kurzen Abschnitt erhalten. In ihm findet sich auch eine sachliche Fortsetzung der Sabinen-Geschichte: 1753 habe König Friedrich dem Vater seiner einstigen Geliebten Sabine Kusig einige Ländereien geschenkt, die den Namen „Binenwalde“ erhielten. Aus Fontanes Notizbuch (D2) erfährt man darüber hinaus, dass Friedrich sogar vor Ort gewesen war.

Der König saß auf dem Wirthschaftshof“ des Gutes und „blickte nach Sabines Häuschen hinüber“, das „im See auf einem Inselchen stand“. Während Fontane bei seinem Binenwalde-Besuch im Herbst 1864 das Haus nicht mehr vorfand, entdeckte er auf einer Scheune eine Wetterfahne mit der Inschrift: „C.S.K. Caroline Sabine Kusig“. In Klammern ergänzt er: „Caroline ist unsicher.“ 

Fontane schrieb Binenwalde mit „ie“,
Notizbuch D2“, 1864

Quelle: Digitale Notizbuch-Edition

Das gilt auch für die Liebesgeschichte zwischen der hübschen Förstertochter und dem Kronprinzen, die nach Fontane noch weitere literarische Blüten trieb. Gesichert sind dagegen die Eckdaten über die ‚echte‘ Sabine, die der Heimatforscher Wilhelm Bartelt 1932 öffentlich machte. Die aus Zühlen stammende Sabine (1715-1783) heiratete 1734 den Förster Ernst Ludwig Cusig, der zunächst eine Försterstelle in Rüthnick erhielt. Nach dem Tod des Schwiegervaters 1739 trat er dessen Nachfolge in Zühlen an. Erst 1753 gründete Cusig die Kolonie Binenwalde, die auch kein Geschenk des Königs war. Somit entpuppt sich die Liebschaft zwischen Friedrich und Sabine als Legende.

1843 ließ der Gutsbesitzer Karl Heinrich Schulz-Schulzenstein der hübschen Namensgeberin ein Denkmal setzen, das „Bine“ lebensgroß und äußerst freizügig präsentiert. Das Monument, das Fontane in der zweiten Auflage der „Wanderungen“ (1865) erwähnt, wurde 1945 zerstört und 2007 in neuer Form wieder aufgestellt. Nicht vor dem Gutshaus, sondern vis-à-vis auf einem Berg.

So kommt Frau zu Ehren: Denkmal der schönen Sabine in Binenwalde,
Postkarte um 1930.
Quelle: Archiv Rauh

In neuer Form für die Nachwelt: Das [neue] Denkmal der schönen Sabine in Binenwalde, 2019.
Quelle: Robert Rauh

Quelle:

Theodor Fontane, Wundersame Frauen. Weibliche Lebensbilder aus den «Wanderungen durch die Mark Brandenburg», hrsg. von Gabriele Radecke und Robert Rauh, Manesse Verlag, Zürich 2019, S. 35–38.

Titelbild:

Binenwalde mit Denkmal der „schönen Sabine“, Postkarte, um 1929
Quelle: Archiv Rauh

Literatur:

Theodor Fontane, Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 1. Auflage, Verlag von Wilhelm Hertz, Berlin 1862.
Kapitel «Ruppiner Schweiz»

Theodor Fontane, Die Grafschaft Ruppin (Wanderungen durch die Mark Brandenburg), 2. Auflage, Verlag von Wilhelm Hertz, Berlin 1865.
Kapitel «Dörfer und Flecken im Lande Ruppin», Unterkapitel: «Binenwalde»

Theodor Fontane, Notizbücher. Digitale Edition, hrsg. von Gabriele Radecke. Göttingen 2015 ff.

https://fontane-nb.dariah.eu/index.html

Paul Schulze-Berghof, Die schöne Sabine – Ein friderizianischer Roman aus den Rheinsberger Tagen, Edition Rieger, Karwe 2006.

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